Die Duz-Kultur - Und die Veränderung der Unternehmenskultur

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Die Duz-Kultur - Und die Veränderung der Unternehmenskultur

Beitrag vom 25. November 2022

Artikel Personal

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In vielen Ländern ist das „Du“ längst Praxis. So gibt es im Englischen zwar die offizielle Anrede mit Mr und Mrs./Ms., zumindest in den USA wird jedoch fast ausschließlich das „you“ und der Vorname verwendet. Auch in den skandinavischen Ländern ist das „Du“ die Praxis.

Von welchem Stand kommen wir?

Die Knigge Regeln bezüglich des Duzens innerhalb eines Unternehmens sind klar festgelegt. Das „Du“ darf nach diesen Regeln der oder die ranghöhere, dienstältere oder allgemein ältere Person der jeweils anderen anbieten. Die Ausübung dieser Regeln erfolgt jedoch heutzutage nicht mehr zwingend.

Was hat sich in den letzten Jahren/Jahrzehnten verändert?

Die Duz-Kultur etablierte sich in vielen deutschen Unternehmen. Expert*innen gehen davon aus, dass dies auch mit der zunehmenden Internationalisierung der Unternehmen zusammenhängt, da das „Du“ in vielen anderen Ländern auch aufgrund der Sprache die Norm ist. Dies ging einher mit einer Auflockerung der Kleiderordnung in vielen Unternehmen, besonders repräsentiert durch ihre Chef*innen.

So hat vor wenigen Jahren zum Beispiel der Vorstand von Continental bei der Jahreshauptversammlung auf Krawatten verzichtet, der Chef der Otto Gruppe hat allen Mitarbeiter*innen das „Du“ angeboten und Ikea duzt sogar seine Kunden!

In anderen Ländern ist das „Du“ längst Praxis. So gibt es im Englischen zwar die offizielle Anrede mit Mr und Mrs./Ms., zumindest in den USA wird jedoch fast ausschließlich das „you“ und der Vorname verwendet. Auch in den skandinavischen Ländern ist das „Du“ die Praxis.

Ein Land, welches noch strengere Anredeformen als Deutschland hat, ist zum Beispiel Österreich. Dort erfolgt die Anrede inklusive der Titel der jeweiligen Person, so zum Beispiel Frau Magister oder Herr Hofrat.

Dass das Duzen sehr unterschiedlich aufgefasst werden kann, sieht man auch in unserer Rechtsprechung. Insbesondere das Duzen von Polizist*innen führt regelmäßig zu Strafanzeigen nach § 185 StGB (Beleidigung), aber nicht jede Anzeige führt auch zur Verurteilung. Die Gerichte urteilen hier uneinheitlich. In den Verfahren, die straffrei endeten, sahen sie zwar eine grobe Unhöflichkeit, die zur Verurteilung erforderliche Ehrverletzung sahen sie hingegen als nicht gegeben an. Ein prominenter Fall, der gerichtlich zu entscheiden war, betraf Dieter Bohlen, der einen Polizeibeamten Duzte. Auch in seinem Fall fehlte dem Gericht das Tatbestandsmerkmal der Ehrverletzung, weil er grundsätzlich alle Menschen duzen würde.

Vorteile des Duzens

Das Duzen führt untereinander zum Abbau von Barrieren.

Es kann zum Abbau streng-hierarchischer Gebilde innerhalb eines Unternehmens beitragen. Außerdem kann mithilfe einer Duz-Kultur die bessere Identifikation jedes Mitarbeitenden zum Unternehmen gestärkt werden, da ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl erzeugt wird.

Dieses Gefühl wird dadurch erzeugt, dass beim Duzen ein höherer Grad an Vertrauen zwischen den Mitarbeiter*innen entsteht und die Kommunikation eher auf Augenhöhe stattfindet. Dadurch fühlen sich die Mitarbeiter*innen mehr wertgeschätzt und die Motivation, gemeinsam die Unternehmensziele zu erreichen, wird erhöht.

Hilft diese Kultur bei neuen Mitarbeiter*innen?

Die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und des Vertrauens hilft vor allem neu eingestellten Menschen, sich besser mit dem Unternehmen zu identifizieren und schneller gegenüber anderen Kolleg*innen ein positives Arbeitsverhältnis aufzubauen. Diese Kultur hat jedoch auch ihre Grenzen, so wirkt das Duzen während des Bewerbungsprozesses eher als ein Zeichen von Unprofessionalität.

Allgemein lässt sich festhalten, dass das Duzen innerhalb eines Unternehmens nachweislich das Arbeitsklima und die Unternehmenskultur positiv beeinflussen kann. Jedoch ist diese Einführung kein Selbstläufer. Ohne weitere Schritte zur Etablierung einer motivierenden Unternehmenskultur führt auch das Duzen nicht zwingend zu Verbesserungen und kann dann auch mehr Schaden anrichten als helfen. Dafür müssen das Vertrauen und die Motivation auf beiden Seiten auch ernst gemeint sein.

Vorteile des Siezens

Mit dem Siezen hält man sich anders als beim Duzen beide Optionen offen. Sobald einmal das Du angeboten wurde, ist es sehr schwierig für beide Parteien, gesichtswahrend zum „Sie“ zurückzukehren.

Wie bereits beim Duzen besprochen, schafft das Siezen eine Distanz zwischen beiden Personen. Diese Distanz kann im Arbeitsumfeld jedoch wichtig sein. Gerade im Chef*in zu Mitarbeiter*in Verhältnis ist eine gewisse Distanz oftmals vorteilhaft.

In welchen Situationen ist das Siezen von Vorteil?

Gerade bei schwierigen Mitarbeiter*innen-Gesprächen, bei nicht zufriedenstellender Leistung oder auch bei Versetzung und Kündigung ist solch ein professionelles Arbeitsverhältnis sehr wichtig. Mitarbeitende interpretieren das Duzen mit ihren Chef*innen teilweise als Gleichstellung in ihren Positionen. Mit dem Siezen wird der nötige Respekt geschaffen und mögliche Entscheidung werden im Zweifel rationaler getroffen.

Auch der Arbeitspsychologe Tim Hagemann schließt sich dieser Meinung an. Er betont, dass gerade bei Unternehmen, bei welchen die Duz–Kultur nicht mit der restlichen Unternehmenskultur kompatibel ist, Probleme bei deren Einführung auftreten können.

Zu welchen Unternehmen passt das Duzen?

Unternehmen mit flachen Hierarchien und einer sehr partizipativen Firmenkultur bieten sich dafür an. Diese sind häufig in der Startup-Branche anzutreffen. In Startups bietet sich auch deshalb das „Du“ an, da gerade am Anfang viele neue Mitarbeiter*innen eingestellt werden, welche durch das „Du“ schneller Anschluss zu ihren Kolleg*innen finden.

Auch die IT-Branche oder Marketing-Branche setzt laut einer Umfrage des Jobportals Stepstone vermehrt auf das „Du“ (70%). Dies liegt oftmals an der Ausrichtung und Kommunikation mit US-amerikanischen Unternehmen, welche sich bereits durch ihre Sprache Duzen.

In welchen Unternehmen wird stattdessen gesiezt?

Unternehmen, bei welchen ein seriöses und professionelles Auftreten unabdingbar ist, wird häufig noch gesiezt. Dazu zählen oftmals Banken, Versicherungen oder Beratungen. Doch selbst diese Branchen tendieren mittlerweile immer häufiger zum Du, so bieten die Deutsche Bank, die Sparkassen und viele Genossenschaftsbanken mittlerweile ihren (jungen) Kunden das Du an. Statistisch ist in der Bankenbranche das „Sie“ noch fest verankert, nur circa 20 Prozent duzen sich untereinander (Stepstone-Umfrage).

Tipps

Wenn Sie die Einführung einer Duz-Kultur in ihrem Unternehmen planen, sollten Sie mehrere Punkte beachten:

Zunächst gilt es herauszufinden, ob Ihre Mitarbeiter*innen überhaupt positiv gegenüber einer Duz-Kultur eingestellt sind. Eine Befragung der Mitarbeitenden wäre hierfür ein hilfreicher Start.

Wenn das „Du“ eingeführt werden soll, muss die Durchdringung in jeder Hierarchieebene erfolgen. Das bedeutet, dass auch die Führungsebene sich und alle anderen Mitarbeiter*innen duzt. Am schädlichsten ist es, wenn der oder die Chef*in nur gewisse Mitarbeiter*innen duzt, andere jedoch siezt. Diese Mitarbeiter*innen fühlen sich benachteiligt, was zu einem schlechten Arbeitsklima führt.

Das persönliche Anbieten des „Du“ ist dabei deutlich effektiver als eine Rund-Mail oder ein Aushang, da dadurch eher Vertrauen aufgebaut wird.

Ganz wichtig dabei zu betonen ist aber, dass ohne eine dazu passende Unternehmenskultur eine reine Anrede kaum Wirkung haben wird. Es gibt Unternehmen mit sehr guter Kommunikation und Kultur, in welchen sich alle Mitarbeitenden siezen und andersherum.

 

Bild: Shutterstock / Jacob Lund

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